Am Wochenende habe ich eine folgenschwere und in den Augen einiger Kollegen sehr waghalsige Entscheidung getroffen: Ich werde in Zukunft Nikon Kameras einsetzen!
Natürlich werde ich Canon weiterhin treu bleiben, nur eben nicht exklusiv. Meine Wahl ist auf die Nikon D750 gefallen, momentan eine der besten, wenn nicht sogar die beste Kamera für den Bereich Hochzeitsfotografie.
Ich habe im Vorfeld natürlich sehr viel unternommen, um diesen Schritt vorzubereiten: Viele Gedanken sind über dieses Thema geflossen, Testberichte wurden gelesen, Laborwerte begutachtet und vor allem eines habe ich getan: mit Freunden und Kollegen über dieses Thema gesprochen. Ich finde es tut immer gut, viele Meinungen, die sehr weit auseinander gehen (aber alle für sich genommen richtig sind) in einen Topf zu werfen, sie mit den Fakten vergleichen… um dann am Ende eine Bauchentscheidung zu treffen.
Um hier nicht einfach nur eine Auflistung von „Tatsachen“ zu schreiben, von denen es ja im Netz mehr als genug gibt, habe ich mich für folgenden Aufbau entschieden: Ich werde einzelne Fragen oder Punkte auflisten, die den Denk- und Entscheidungsprozess begleitet haben, sowie meine persönliche Sicht der Dinge. Die Fragen stammen teilweise aus meinem Kopf, teilweise aus Gesprächen mit Kollegen und Freunden.
Wenn du wechselst, musst du alle Objektive neu kaufen
Ja und nein. Es handelt sich hierbei nicht um einen Wechsel. Ich erweitere nur mein Spektrum. Natürlich muss ich Objektive nachkaufen, aber mein derzeitiger Bestand ist nicht so groß, dass davon die Welt untergehen würde. Ich habe Canon-Kompatibles-„Glas“ im Wert von ca. 3200 EUR, auf 5 Objektive verteilt. Das ist fast nix. Ist aber auch egal, denn ich werde sie weiterhin nutzen. Was also entsteht sind Mehrkosten durch neue Objektive, die ich ohnehin anschaffen würde, wie z.B. ein 70-200mm Objektiv.
Werden die Bilder nicht unterschiedlich aussehen?
Ja und nein. An diesem Punkt arbeite ich noch gerade. Canon hat etwas bessere Hauttöne, dafür hat Nikon im unteren ISO Bereich einen höheren Dynamikumfang. Man muss einfach lernen, das Beste aus zwei Welten zu kombinieren. Letzten Endes werden die Fotografien alle in Lightroom bearbeitet und „gleichgezogen“. Der vermeintliche Gelbstich bei Nikon ist farbtemperaturbedingt und wird einfach ausgeglichen, so dass die Hauttöne natürlich aussehen.
Brauchst du wirklich eine hohe ISO Empfindlichkeit?
Ja. Es ist mir egal, wenn früher analog bei ISO 800 Schluss war. Heute sind ISO 6400 kein Problem und das sollte ausgenutzt werden. Ich verstehe manche Fotografen nicht, die sich um der Nostalgie Willen der Technologie versperren und lieber auf tolle low-light Bilder verzichten. Fakt ist: Ich fotografiere in der Kirche ohne Blitz und nicht selten mit ISO 6400 oder gar ISO 12800.
Bist du unzufrieden mit Canon?
Ja und nein. Ich mag meine 5D Mark III sehr. Es ist eine wunderbare, nahezu perfekte Kamera, zu einem unverschämt teuren Preis. Die Kamera ist so gut, dass sogar Canon sich auf dem Erfolg ausruht und für diesen Sektor nichts neues rausbringt. Mit „Sektor“ meine ich das Berufsfeld des Hochzeitsfotografen. Wäre ich ein reiner Studio/Produktfotograf, wäre die 5Ds genau mein Ding, aber ich brauche eine Hohe ISO Empfindlichkeit. Ein zweiter 5D Mark III Body käme zwar in Frage, aber es ist ehrlich gesagt zu teuer gemessen an dem, was Nikon derzeit produziert. Natürlich wird der Canon-Fotograf jetzt argumentieren: „Dann kauf doch eine 6D“ – und in der Tat, das habe ich in Erwägung gezogen. Allerdings fehlt der 6D so manches Detail, die sie letzten Endes disqualifizieren. z.B. ist das AF-System ungeeignet. Ja, ist es. 11 AF Punkte? Das mag für den Landschaftsfotografen oder den Studiofotografen reichen, für eine Actiongeladene Reportage ist das ungeeignet. Zweites K.O.-Argument: Nur ein Kartenslot. Das ist ein No-Go. Ich arbeite immer mit zwei Speicherkarten (jedes Foto wird auf zwei Karten parallel geschrieben).
Hätte Canon etwas passendes im Lineup, wäre die Entscheidung vielleicht anders ausgefallen, aber sie tun einfach nichts. Ich hasse Stillstand.
Den Horizont erweitern!
Zugegebenermaßen ist das Arbeiten mit der D750 eine echte Umstellung. Das LCD produziert andere, grellere Farben (Canon sieht realistischer aus) – die RAWs sind hingegen gut und recht neutral. Die Objektive arbeiten genau umgekehrt: Bei Canon zoomt man rein, indem man gegen den Uhrzeigersinn dreht, bei Nikon gehts im Uhrzeigersinn. Es gibt aber auch Kleinigkeiten, die mir erst nach dem „Umstieg“ auffallen: Die D750 zeigt auch im Ausgeschaltetem Zustand die Anzahl der Verbleibenden Aufnahmen an und es gibt eine Möglichkeit, mit nur einem Knopfdruck in der Bildwiedergabe direkt auf 100% zu zoomen, um die Schärfe zu kontrollieren. Das ist sehr viel Wert.
Ich finde es gut, ein anderes System kennenzulernen und die Tiefen dessen zu erforschen, was technisch machbar ist. Nur so ist man in der Lage, das beste aus beiden Lagern zu verwenden. Das bedeutet unterm Strich: Weniger Limitationen und bessere Fotografien.
Ich bin gespannt, was die Zukunft noch so bringt!